Meister, Coote / Furrer, Mahler
Kompositionsauftrag von ORF Radio-Symphonieorchester Wien, Philharmonie Essen und Philharmonie Luxembourg & Orchestre Philharmonique du Luxembourg
Alice Coote |
Alt
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Damen der Wiener Singakademie | ||
Wiener Sängerknaben | ||
Cornelius Meister |
Dirigent
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Freund/in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung
Die Welt der Symphonie
Sein letztes Abonnement-Programm im Wiener Konzerthaus widmet Chefdirigent Cornelius Meister der längsten und mutigsten Symphonie von Gustav Mahler: der Dritten. Eine »Welt aufbauen« wollte Mahler mit diesem Werk und meinte damit ein Universum, dessen Vielseitigkeit, Regelwerk und Ausdruckskraft es mit dem wirklichen aufnehmen könne. Ein Universum, in dem zwar widerstreitende, geordnete und erschütternde Kräfte gleichzeitig walten, das aber auf einem Schöpfungsakt fußt. Mahlers Wort von der Welt ist eine musikalische wie religiöse Metapher: »Nun aber denke Dir ein so großes Werk,in welchem sich in der Tat die ganze Welt spiegelt – man ist sozusagen selbst nurein Instrument, auf dem das Universum spielt«, schrieb Mahler an die Sängerin Anna von Mildenburg, als die Dritte im Sommer 1896 fertig wurde. Bis zuletzt feilte Mahler an programmatischen Überschriften für die einzelnen Sätze, die sowohl den universalen Inhalt der Symphonie erkennen lassen, als auch die Schwierigkeiten, die Mahler mit der Architektur seines »Monstrums« (Mahler) hatte. Dass er schließlich die Satztitel strich und jegliche programmatische Äußerung ablehnte, lag sowohl an der zunehmenden Geringschätzung der Programmmusik, als auch an der Fehlinterpretation der Titel durch die Öffentlichkeit, die sich Naturschilderungen wie in der Sechsten Beethovens erwartete. Dabei ist die ungewöhnliche Architektur der Dritten eher programmatisch als symphonisch verstehbar: als ein Prozess der zunehmenden Vergeistigung, in dem Mahler das Universum von den Naturgewalten bis hin zu Gott abschreitet. Dieser Prozess wird zwar am Gegenstand der Natur exemplifiziert (Sommer, Wald, Wiese, Tiere, Mensch – erst in den letzten Sätzen verlässt Mahler das Irdische), doch für den Naturliebhaber Mahler war die Natur ein Gleichnis des Göttlichen, das sich in der Dritten schließlich im Begriff »Liebe« konzentriert. Bevor der rund 35 Minuten lange erste Satz der Dritten Mahlers erklingt – über dessen Dimensionen sich der Komponist selbst erschrocken zeigte – heben Cornelius Meister und das RSO Wien eine Komposition aus der Taufe, die sie bei Beat Furrer in Auftrag gegeben haben. Der aus der Schweiz stammende Komponist gehört zu jenen Künstlern, die sich von Wien aus ein internationales Renommee erobert haben. Von der Gründung des Klangforum Wien bis zu Auftragswerken für die führenden Opernhäuser Europas: Bei all dem ist Beat Furrer, der seit über drei Jahrzehnten in Österreich lebt, seiner fragilen, ebenso feinen wie sinnlichen Tonsprache treu geblieben.
Die Kombination einer Uraufführung von Beat Furrer mit Mahlers Dritter darf als exemplarisch für die künstlerische Tätigkeit des RSO Wien angesehen werden.
Christoph Becher