Pascal / Nono, Dallapiccola
Oper in einem Prolog und einem Akt
basierend auf "La Torture par l’espérance" von Auguste de Villiers de L’Isle-Adam und "La Légende d’Ulenspiegel et de Lamme Goedzak" von Charles de Coster
Libretto von Luigi Dallapiccola
Caroline Wettergreen |
Sopran (Nono)
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Freya Apffelstaedt |
Alt (Nono)
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Robin Tritschler |
Tenor (Nono)
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Tobias Moretti |
Sprecher (Nono)
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Tanja Ariane Baumgartner |
La madre
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Georg Nigl |
Il prigioniero
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John Daszak |
Il carceriere/Il grande inquisitore und andere
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Chor des Bayerischen Rundfunks |
Chor
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Peter Dijkstra |
Choreinstudierung
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Maxime Pascal |
Dirigent
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Meng Phu
Manifeste für die Freiheit
»Freiheit« steht als humanistisches Motto über dem Konzert bei den Salzburger Festspielen. Zwei große italienische Komponisten des vergangenen Jahrhunderts setzten mit ihren Werken eindrückliche Zeichen des politischen Engagements: Luigi Dallapiccola, als Kind 1917 mit seiner Familie von Istrien in die Steiermark zwangsübersiedelt und damit aus einem gut funktionierenden Leben gerissen, beobachtete später den aufkommenden Faschismus und Antisemitismus in Europa mit großer Sorge. Hitlers Bombardement von Warschau am 1. 9. 1939 gab Dallapiccolas Ansinnen, ein musikalisches Mahnmal für die Freiheit der Menschen zu schreiben, eine neue Dringlichkeit. Seine Kurzoper »Il prigioniero« (»Der Gefangene«) ist das Manifest seiner inneren Verbundenheit mit den zu Unrecht Inhaftierten, mit denen er »im Geiste zehn Jahre lang« gelebt hatte. Denn er konnte »in diesen schrecklichen Jahren an nichts anderes denken«. Sein Werk ist in der Zeit der Inquisition im Spanien des 16. Jahrhunderts angesiedelt. Für die Musik konzipierte Dallapiccola drei Zwölftonreihen mit den Titeln »Gebet«, »Hoffnung« und »Freiheit« und kombinierte diese mit tonalen, kantablen Passagen.
Der Venezianer Luigi Nono war einer der letzten dezidiert politischen Komponisten des 20. Jahrhunderts – am 29. Jänner 2024 jährte sich sein Geburtstag zum 100. Mal. Seine Musik war oft künstlerisches Sprachrohr seiner antifaschistischen Haltung, die er auch glaubhaft lebte. Mit »Il canto sospeso« (»Schwebender Gesang«), 1956 in Köln durch Hermann Scherchen uraufgeführt, erlangte Nono internationale Bekanntheit. Für diese Musik, die von einer zutiefst empfundenen Empathie geprägt ist, vertonte er Abschiedsbriefe zum Tode verurteilter Widerstandskämpfer:innen, hingerichteter Menschen im Alter zwischen 14 und 40 Jahren. Das Textmaterial »musikalisierte« er, indem er die Sprache in Silben zerlegte und sie in Bausteine mit musikalischem Gehalt transformierte. Zu Beginn des monumentalen Werks singt der Chor: »Ich sterbe für die Gerechtigkeit. Unsere Ideen werden siegen«, zitiert aus den Zeilen eines jungen Bulgaren. In insgesamt neun Teilen verarbeitete Nono u. a. Brieffragmente griechischer Patrioten, die Gedanken einer zu Tode Verurteilten im Angesicht ihrer Mörder:innen und Abschiedsworte einer Russin an ihre Mutter. Nach einer halben Stunde bewegender Musik schließt der Chor mit den Worten: »Ich gehe im Glauben an ein besseres Leben für euch.«
Marie-Therese Rudolph