Feddeck, Leonskaja / Schönberg, Adams, Brahms
Elisabeth Leonskaja |
piano
|
|
James Feddeck |
conductor
|
Benjamin Ealovega
Dieses Konzert schlägt eine Brücke von Wien in die Vereinigten Staaten von Amerika. Am Anfang scheint eine rein innerösterreichische Angelegenheit zu stehen: Brahms‘ monumentales zweites Klavierkonzert (eigentlich eine Symphonie für Orchester und Klavier) und die Begeisterung Arnold Schönbergs für Johannes Brahms, den er in einem ausführlichen Essay – und mit Lust an der Provokation – als „progressiven Komponisten“ bezeichnete. Sonderbar, werden sich die Wiener Bewunderer von Brahms gedacht haben, der doch eher als Konservativer eingeschätzt wurde. Dem Vater der Zwölftontechnik ging es indes darum, Brahms‘ auf die eigene Seite zu ziehen und etwa zu belegen, dass wesentliche Kompositionsverfahren – die Variationstechnik z. B. oder das Verfahren, ganze Sätze aus kleinen melodischen Zellen hervorwachsen zu lassen – Schönbergs Methode vorwegnehmen.
Schönbergs Essay „Brahms the progressive“ entstand bereits auf amerikanischem Boden, wohin der Wiener Komponist unmittelbar nach der Machtübernahme Hitlers 1933 übersiedelt war. In Los Angeles schrieb er 1943 eine Reihe von Orchestervariationen, die ausgesprochen selten im Konzertsaal zu hören sind. Vier Jahre später wurde in Massachusetts John Adams geboren, der heute als Hauptvertreter der amerikanischen minimal music zu den weltweit meistgespielten Komponisten seines Landes gehört – auch, weil Adams Werke zahlreiche Verbindungen zur Musik Europas aufweisen (z. B. zu Arnold Schönberg). Die halbstündige „Doctor Atomic Symphony“ aus dem Jahr 2007 fußt auf der Oper „Doctor Atomic“, in der die Tage des Wissenschaftlers Robert Oppenheimer unmittelbar vor der Vollendung der verheerenden Massenvernichtungswaffe geschildert werden. Die Musik bildet die Dramatik dieser Tage ab, verschweigt aber auch die Gewissensbisse nicht, die Oppenheimer quälten.
Der amerikanische Dirigent James Feddeck, dessen Debut beim Chicago Symphony Orchester zuletzt umjubelt wurde, arbeitet erstmals mit dem ORF Radio-Symphonieorchester Wien zusammen. Den Klavierpart bei Brahms‘ zweitem Konzert übernimmt Elisabeth Leonskaja.
Christoph Becher