+++CANCELLED+++Poschner / Šerkšnytė, Bruckner
Urfassung
Markus Poschner |
conductor
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Werner Kerschbaummayer

2024 jährt sich der Geburtstag von Anton Bruckner zum 200. Mal. Das RSO Wien nimmt dieses Jubiläum zum Anlass, um gemeinsam mit dem Brucknerorchester Linz und dessen Chefdirigenten Markus Poschner für das Label Naxos eine CD-Box zu veröffentlichen, die es so noch nicht gibt. Alle Bruckner-Symphonien in einer Box! Gibt es bereits? Aber nicht mit allen Fassungen. Ganze 17 Symphonien kommen so zusammen. Eine Symphonie wie die Vierte etwa, die populäre »Romantische«, hat Bruckner mehrmals überarbeitet und mit komplett neuen Sätzen versehen.
Zum Einstieg in das Projekt spielt das RSO Wien im Musikverein die ungezügelte Urfassung dieser 4. Symphonie. Bruckner schrieb sie 1874 in einer Zeit beruflicher Rückschläge, während er in Wien mitten in die Fronten zwischen Wagner- und Brahms-Anhänger geraten war, letztere tatkräftig vertreten durch den einflussreichen Kritiker Eduard Hanslick. Bevor dieser stellvertretend für die Brahms-Fraktion über ihn herfallen konnte, übte sich Bruckner bereits in Selbstkritik über sein neues Werk: »Ich bin zur vollen Überzeugung gelangt, dass meine 4. romantische Symphonie einer gründlichen Umarbeitung dringend bedarf. Es sind z. B. im Adagio zu schwierige, unspielbare Violinfiguren, die Instrumentation hie und da zu überladen und zu unruhig.« Insbesondere das Finale, das Bruckner später komplett austauschen sollte, beschwört in seiner Zerrissenheit die schaurigen Seiten der romantischen Epoche.
Gerade hierin liegt für Dirigent Markus Poschner die zukunftsweisende Qualität des Werkes: »Wir wollen allen zeigen, dass uns Bruckner heute noch etwas angeht, zutiefst berührt und auch erschüttert.« Kombiniert werden Bruckners Symphonien in den Konzerten des RSO Wien jeweils mit den Werken einer zeitgenössischen Komponistin. Was nach maximalem Kontrast aussieht, weist im Falle der Litauerin Raminta Šerkšnytė allerdings geheime Verbindungen auf. Denn von Bruckners berühmtem Symphonieanfang – Quint-Wechselnote über raunendem Streichertremolo – ist es nicht weit zur mythischen, von Naturphänomenen inspirierten Tonsprache in Šerkšnytės »Midsummer Song«.
Christoph Becher