Boder / Beethoven, Winkler
Deutsche Erstaufführung
Michael Boder |
conductor
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Eingebettet zwischen zwei Beethovensche Symphonien – die klassische Erste und die alles bis dato Gewesene in den Schatten stellende, bahnbrechende, Welten umstoßende »Eroica« – findet sich Gerhard E. Winklers »B-Beben« (Anamorph XVII) für Orchester (2019) wieder, ein Auftragswerk des RSO Wien und Wiener Konzerthauses anlässlich des Beethoven-Jahres 2020. Das ist stimmig, war doch Beethoven der »erschütternde Anstoß« für Winkler, »selbst schöpferisch tätig zu werden.« John Storgårds dirigierte die Wiener Uraufführung im letzten Konzert vor dem Lockdown und hätte das Werk auf die Korea/China-Tournee mitnehmen sollen … Der Rest war Schweigen.
Nun sind Uraufführungen nett, aber Zweit- und Dritt- (etc.) Aufführungen sind die eigentlich essenziellen Ereignisse für »Musik mit Puls«. Und die bringt das Orchester diese Saison unter Michael Boder zu Gehör. Wie will man sonst begreifen können, was Winkler mIT »B-Beben« Darbieten will; ein Stück, welches er mit Worten so zu beschreiben versucht hat: »Rasende Bewegung, bebende Repetitionen, plötzlicher Stillstand, verblüffende Umschwünge – diese Elemente [in Beethoven] werden in meinem Stück teils direkt übernommen, teilweise anamorph verzerrt, weitergeführt und mit anderen Stilebenen verbunden, etwa Hip-Hop, oder Klangkonzeptionen des frühen Penderecki und Ligeti. Dem ganzen Stück liegt eine physikalische Erdbeben-Simulation zugrunde, die den Einsatz der diversen Formelemente steuert.« Zumindest die Ohren werden wackeln!
Jens F. Laurson