Hrůša, Weilerstein / Martinů, Ligeti, Kabeláč
für Orchester
Alisa Weilerstein |
cello
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Jakub Hrůša |
conductor
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Andreas Herzau
»Das Werk von Miloslav Kabeláč«, sagt Jakub Hrůša, »ist ein kleines großes Wunder. Ich liebe an ihm seine Reinheit des Stils und den Mut, unter allen Umständen einer eigenwilligen, jedoch universell verständlichen kompositorischen Konzeption treu zu bleiben, die er für sich selbst festgelegt hat, ungeachtet einer Modelaune oder eines Windstoßes der Zeit. Kabeláč ist für mich im künstlerischen Sinne eine moralische Autorität.«
Der in Prag 1908 geborene und ausgebildete Kabeláč wurde erst von den Nationalsozialisten, dann von den Kommunisten an den Rand gedrängt. Seine Anstellung beim Prager Rundfunk verlor er, weil er sich nicht von seiner jüdischen Ehefrau scheiden lassen wollte. Als er 1979 starb, hinterließ er acht Symphonien. Kabeláčs Musik ist kraftvoll und unmittelbar verständlich – kein Wunder, dass er immer wieder Bibeltexte heranzog. Jede seiner acht Symphonien ist ein Unikat mit individueller Besetzung. Seine »Zweite« entstand mitten im zweiten Weltkrieg und wurde 1948 mit dem »Tschechischen Nationalpreis« ausgezeichnet.
Jakub Hrůša, aktuell Chef der Bamberger Symphoniker, ist seit einigen Jahren gern gesehener Gastdirigent des RSO Wien. Die Arbeit an den Symphonien von Miloslav Kabeláč vertieft nun die Zusammenarbeit für die nächsten Jahre. Hrůša kombiniert Kabeláč mit einem der letzten Orchesterwerke von Bohuslav Martinů, das mit einem ernsten, eher spätromantischen Ton überrascht. Zwei Sätze der »Parabeln« basieren auf Texten von Antoine de Saint-Exupéry, der dritte auf einem Schauspiel von Georges Neveux, der auch für den Text von Martinůs Oper »Julietta« sorgte.
Für György Ligetis Cellokonzert begrüßt das RSO Wien – nach mehreren Jahren vergeblichen Kalenderabgleichs – die amerikanische Cellistin Alisa Weilerstein. Das Werk, entstanden 1966, gehört zu den wenigen Cellokonzerten der Neuen Musik, die es ins Repertoire geschafft haben. Der Solistin wird höchste Virtuosität abverlangt, ohne dass diese in den Vordergrund rückt. Im Gegenteil: Ligeti hat ein leises, wie von Ferne klingendes Werk geschrieben, dessen Töne aus dem Nichts entstehen und dorthin nach kompakten 18 Minuten in einer »Flüsterkadenz« zurückkehren.
Christoph Becher