Alsop, Grosvenor / Bartók, Prokofjew, Eisendle, Dvořák
Benjamin Grosvenor |
piano
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Marin Alsop |
conductor
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Nancy Horowitz

Es ist eine dystopische Stadt, die Béla Bartók am Beginn des „Wunderbaren Mandarin“ entstehen lässt: laut, gehetzt, düster, verstörend. Bis sich der leise Ruf einer Klarinette durchsetzt – ein Mädchen wird in einer Wohnung von drei Zuhältern festgehalten und dazu gezwungen, Freier anzulocken, damit diese dann von den Zuhältern überfallen und ausgeraubt werden können. Die ersten beiden Male schlagen die Versuche des Mädchens fehl; beide Freier sind mittellos. Aber nachdem ihr Locken immer drängender und flehender wird, erscheint plötzlich ein seltsamer Mandarin, musikalisch mit dissonanten Akkorden und einer kleinen Terz als Leitintervall dargestellt. Er stürzt sich voller Begierde auf das panische Mädchen; ein Tanz aus rohen Rhythmen und wilden Drehbewegungen beginnt. Die Zuhälter nutzen diesen Moment und wollen den Mandarin töten, aber es gelingt ihnen nicht – der Mandarin ist weder durch Ersticken oder Erstechen, noch durch Aufhängen umzubringen. Erst, als ihn das Mädchen vom Strick in ihre Arme nimmt, beginnen seine Wunden zu bluten und er stirbt.
Bartóks symbolträchtige Tanzpantomime löste bei seiner Uraufführung 1926 in der Kölner Oper einen Theaterskandal aus – ähnlich wie Strawinskys „Le Sacre de Printemps“ wenige Jahre zuvor in Paris. Ein Großteil des Publikums war mit der entfesselten Gewalt in Darstellung und Musik überfordert und verließ schon während der Vorstellung teilweise unter Buhrufen den Theatersaal; das Stück wurde auf Anweisung des Kölner Bürgermeisters – damals niemand geringerer als Konrad Adenauer – sofort abgesetzt. Auch die Folgeaufführung in Prag war von wenig Erfolg gekrönt, weswegen sich Bartók 1928 zu einer Umarbeitung des Stückes entschloss: Aus der Tanzpantomime wurde die vorliegende Konzertsuite. Sie enthält etwas zwei Drittel der Musik der Pantomime, endet allerdings ohne die Schlussapotheose des Balletts. Das Publikum bleibt also ohne Auflösung, der Mandarin und das Mädchen ohne Erlösung zurück.
Nicht ganz so revolutionär, aber dennoch richtungsweisend wird Prokofjews drittes Klavierkonzert eingeordnet. Im Einklang mit den Komponist:innen seiner Zeit wagt sich Prokofjew in seinen Werken über die Grenzen der Tonalität hinaus, verlässt dieses Terrain aber niemals vollständig. So auch bei seinem bis heute beliebtesten, und mit Abstand am häufigsten eingespielten Klavierkonzert. Kraftvolle Musik, frei von artistischem Beiwerk, drängend und sich hinwegsetzend über die Konventionen von vorgegebener Dynamik und starren Tempi: Mit seinen Klavierwerken und seinem Klavierspiel trifft Prokofjew genau den Geschmack seiner Zeit und prägt damit die nachfolgenden Generationen von Pianist:innen.
London ist auch Ausgangspunkt für die internationale Karriere eines weiteren bedeutenden Komponisten: Mit seiner 7. Symphonie wollte Antonín Dvořák zeigen, dass seine Musik weit mehr zu bieten hat als stimmungsvolles Lokalkolorit und verklärte folkloristische Melodien: ”Meine Symphonie soll so ausfallen, dass sie die Welt bewegt" soll er dazu gesagt haben. Am 22. April 1885 wird die Siebte in London uraufgeführt – und bejubelt. "Ich kann gar nicht sagen, wie sehr mich die Engländer ehren! Überall wird über mich geschrieben und man sagt, ich sei der Löwe der heurigen Musiksaison in London.”
Einen ähnlich großen Erfolg wünschen wir der jungen österreichischen Komponistin Hannah Eisendle bei der Erstaufführung ihrer Auftragskomposition „Heliosis“ bei den BBC Proms.