Alsop, Liu / Cerha, Chopin, Prokofjew
Bruce Liu |
piano
|
|
Marin Alsop |
conductor
|
Christopher Koestlin

Das erste Stück lebt vom Nebeneinander, vom Wechselspiel rhythmisierter Schichten. Das zweite wird von Englischhorn und Flöte dominiert, die in nachdenklichem Ton solistisch eingesetzt sind. Das Orchester hat zunächst nur Einwürfe und kurze Zwischenspiele; erst im letzten Abschnitt gewinnt es an Eigencharakter und endet in pp-Streicherakkorden. Das dritte Stück ist lebhaft-konzertant, mit einer etwas düsteren Episode in der Mitte. Es verlangt vom Orchester ein gerütteltes Maß an Virtuosität.
So lakonisch hat einst Friedrich Cerha seine »Drei Sätze für Orchester« beschrieben, die das RSO Wien 2016 uraufgeführt hat und zu denen es nun unter der Leitung von Marin Alsop zurückkehrt.
Das Intime, Zarte, das dabei vor allem den Mittelsatz beherrscht, findet seine Entsprechung in der »Romance« aus Frédéric Chopins e-Moll-Klavier- konzert: Diese sei, so Chopin, der liebevolle Rückblick auf süße Erinnerungen, »wie eine Träumerei in einer schönen, mondbeglänzten Frühlingsnacht«. Chopins Klavierkonzerte verzichten auf symphonische Auseinandersetzungen und stellen den Solopart unangefochten in den Mittelpunkt. Das Klavier glänzt als Sänger virtuoser Arien, das Orchester rollt ihm den roten Teppich aus – in diesem Fall für den gefeierten jungen Kanadier Bruce Liu.
Auf andere Weise bühnenwirksam ist das großartige, abendfüllende Ballett »Romeo und Julia«, das der Sowjetunion-Heimkehrer Sergej Prokofjew 1935/36 geschrieben hat. Die Fähigkeit des Komponisten, alten Tanzformen trotz Festhaltens an der Tonalität neues Leben einzuhauchen, sie zu Charakterstücken umzuformen und in groß angelegten, schillernd instrumentierten Szenen zugleich auf der Klaviatur der Gefühle zu spielen, fasziniert das Publikum bis heute.
Walter Weidringer