Brönnimann, Pahud / Boulez, Ibert, Pintscher, Debussy
... explosante-fixe ... Originel
Emmanuel Pahud |
Flöte
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Baldur Brönnimann |
Dirigent
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Freund/in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung
»Es fängt mit einem Gefühl an«, sagt Matthias Pintscher. »Dann versucht man herauszufinden, woher dieses Gefühl kommt, was es auslöst, was es bewirken kann. Und mit diesem Wissen kann man dann weiterarbeiten.«
Mit 14 Jahren hat er zu dirigieren begonnen – und dieses Erlebnis weckte in ihm den Wunsch, Komponist zu werden und »das Orchester selbst zu beatmen«.
Die poetische Formulierung ändert freilich nichts an Pintschers Überzeugung, dass das Schreiben von Musik nur durch akribische Anwendung von sicherem Know-how funktioniert: »Ich kann nur komponieren, wenn ich wie ein Handwerker, etwa ein Goldschmied, alles weiß über das Material, wie man es formen kann, um dann etwas daraus zu schaffen, was von außen besehen schlüssig wirkt oder sogar schön erscheint. »Osiris«, inspiriert von einem gleichnamigen Werk von Joseph Beuys, bei dem verstreute Einzelteile auf eine Leinwand montiert sind, beschäftigt sich Pintscher mit dem Mythos des ägyptischen Fruchtbarkeits- und Totengottes, der von
seinem eifersüchtigen Bruder Seth getötet und zerstückelt wird. Isis jedoch, Osiris’ liebende Schwester und Gemahlin, setzt ihren Mann durch die Kraft ihrer Liebe wieder zusammen und kann ihm neues Leben einhauchen – in Pintschers Verständnis eine bewegende Metapher für das Komponieren an sich. Dass dem überaus transparenten, farb- und facettenreichen »Osiris« auch eine selbstständige Orchesterstudie (»towards Osiris«) vorausgegangen ist,
rückt Pintschers Arbeitsweise in jene seines großen Kollegen Pierre Boulez, der übrigens »Osiris« 2008 in Chicago uraufgeführt hat.
Boulez’ Musik bildet einen Schwerpunkt des Konzertprogramms. Auch »Figures – Doubles – Prismes«, sein erstes großes Orchesterwerk, hat sich in zwei Stufen zur Dreiteiligkeit entwickelt – und schon bei der Uraufführung des Initialstücks »Doubles« 1958 war anschließend »La Mer« zu hören: Debussys scheinbar amorphe, aber motivisch und dramaturgisch ausgeklügelte sensualistische Klangwelten sind für Pintscher ebenso Referenz wie einst für Boulez. Und sie klingen auch in Jacques Iberts Flötenkonzert (1934) nach: Für dessen einmal kolibriartig flatternde oder gar jazzige, dann wieder klassizistisch-melodiöse Anmut ist kein Geringerer als Emmanuel Pahud aufgeboten, der in diesem Konzert mit einem überraschenden musikalischen Abstecher in Gestalt von »Mémoriale« wieder zu Boulez zurückführt. Ein Abend der klangschönen Arabesken, die sich über alle vermeintlichen Stilgrenzen hinweg entfalten.
Matthias Pintscher hat aus persönlichen Gründen das Dirigat für das Konzert am 1. 6. 2017 zurückgelegt. Wir sind sehr froh darüber, dass der Dirigent Baldur Brönnimann sich einverstanden erklärt hat, das Dirigat bei unverändertem Programm zu übernehmen.
Walter Weidringer