ABGESAGT. Alsop / Zemlinsky, Zeisl, Mahler
Dana Marbach |
Sopran
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Annette Schönmüller |
Sopran/Mezzosopran
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Adrian Eröd |
Bariton
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Wolfgang Kogert |
Orgel
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Wiener Singverein |
Chor
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Marin Alsop |
Dirigentin
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Freund/in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung

Komponisten in Wien
Als Alexander Zemlinsky 1933 aus Hitler-Deutschland floh und in seine Heimatstadt Wien zurückkehrte, ließ er auch seine Tätigkeit als – international angesehener – Operndirigent hinter sich. Komponist wollte er wieder sein, wie damals zur Jahrhundertwende, als der junge Mahler-Bewunderer gemeinsam mit Schönberg die Musikszene Wiens mit ebenso meisterhaften wie aufregenden Werken erfrischte. Dass er nur fünf Jahre würde bleiben können, bevor ihn die Nationalsozialisten abermals vertrieben, ahnte er nicht. Und doch wirkte der damals komponierte 13. Psalm hellsichtig: "Herr, wie lange willst du mein vergessen? Wie lange soll sich mein Feind über mich erheben?" Die anklagenden Fragen münden in Zuversicht: "Ich will dem Herren singen, dass er so wohl an mir tut." Das ließ sich komponieren, aber nicht mehr aufführen. Erst 36 Jahre später – 29 Jahre nach Zemlinskys Tod – kam es zur Uraufführung seines op. 24.
Auch die Biografie des Wiener Komponisten Erich Zeisl wurde vom Nationalsozialismus gezeichnet. 1939 emigrierte er über Paris in die USA, wo er seinen Vornamen in Eric amerikanisierte und vergeblich als Filmmusik-Komponist Fuß zu fassen suchte. Größeren Erfolg hatten seine Klavierlieder in der Nachfolge von Schubert, Wolf und Beethoven. Doch sein wichtigstes Werk ist bis heute das "Requiem Ebraico" auf den Text des 92. Psalms, geschrieben 1944 im Angesicht des Holocaust, dem auch Zeisls Familie zum Opfer gefallen war. Als sein Verleger vorsichtig nachfragte, warum denn sowohl im Psalm als auch in der geradezu volkstümlichen Melodik jeglicher Gedanken an den Tod verbannt sei, antwortete Zeisl mit Hinweis auf das Judentum: "Mit dem Herz voller Tränen halten sie an Gott fest und hören nicht auf, ihm zu danken, und hören nicht auf zu hoffen."
Gustav Mahlers Erste Symphonie bildet den Abschluss. Das Konzert mit Chefdirigentin Marin Alsop nimmt Teil an der Gesamtaufführung von Mahlers Symphonien im Musikverein Wien. In der Ersten präsentiert der Komponist schon die wichtigsten Vokabeln seines symphonischen Gesamtwerks: von auskomponierten Naturlauten über die Zitate eigener und fremder Lieder bis hin zu Wendungen aus jüdischer Traditionsmusik. Was die Zeitgenossen verstörte – das Nebeneinander von scheinbar Unvereinbarem – gehört heute zum Kanon. Gerade weil sich Trost und Schrecken bei keinem anderen Komponisten so nahe kommen.
Christoph Becher