Alsop / Rott, Wolf, Mahler
Symphonische Dichtung nach Heinrich von Kleist
Marin Alsop |
Dirigentin
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Freund/in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung
Adriane White
Titan: Mahlers Erste in der Urfassung
Gustav Mahler wollte, als er sein erstes großes, fünfsätziges Orchesterwerk 1893 in Hamburg dirigierte, dem Publikum helfen und stellte der Musik ein Programm zur Seite. Netter Versuch. Hinterher ärgerte er sich, dass die Zuhörer/innen wie in einer Sinfonischen Dichtung von Liszt oder Strauss nach Stellen gesucht hätten, an denen sich der Text in der Musik spiegle. Missmutig strich Mahler den bei Jean Paul entlehnten Titel »Titan« und den zweiten Satz (»Blumine«) gleich mit. So erschien dann 1899 seine Erste Symphonie im klassischen viersätzigen Format. Einige wenige, wenngleich signifikante Änderungen wurden der Partitur gegenüber ihrer Urfassung ebenfalls mit auf den Weg gegeben, und in dieser Fassung öffnete Mahlers Erste das Tor zu einem unvergleichlichen Orchesterschaffen. Alles, was Mahler ausmacht, ist bereits in seiner Ersten enthalten: die Durchdringung von Symphonie und Lied, die Zitate von Volksliedern, das Nebeneinander gegensätzlicher musikalischer Milieus, die Klezmer-Anspielungen, der Naturlaut, die Zuspitzung auf den Finalsatz, in der ein markiger Durchbruch der Blechbläser das letzte Rufzeichen setzt.
Chefdirigentin Marin Alsop hat für den Musikverein die Urfassung des Werkes auf das Programm gesetzt und mit zwei Komponisten ergänzt, die zu Mahlers Freunden gehörten und doch neben ihm verglühten. Hans Rott wurde keine 26 Jahre alt, und als 1989 seine E-Dur-Symphonie ausgegraben wurde, tuschelte man, Mahler habe bei ihm abgeschrieben. Die Ouvertüre »Julius Caesar« entstand 1877 nach einem Bayreuth-Besuch mit seinem Orgellehrer Bruckner.
Hugo Wolf, gleichen Jahrgangs wie Mahler, teilte mit Rott die Abneigung gegen Brahms, die sich bei ihm allerdings ins Pathologische steigerte und eine unheilvolle Rolle bei seinem psychischen Abstieg spielte. Unter den wenigen Orchesterwerken Wolfs findet sich die Sinfonische Dichtung »Penthesilea«, eine kraftstrotzende Vertonung der unglücklichen Kampfund Liebesgeschichte zwischen der Amazone und Achilles während des Trojanischen Kriegs, komponiert wenige Jahre vor Mahlers »Titan«.
Christoph Becher