von Einem: Der Prozess
Oper in zwei Teilen und neun Bildern
Nach dem gleichnamigen Roman (1925) von Franz Kafka
Libretto von Boris Blacher, Heinz von Cramer
Konzertante Aufführung
In deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln
Michael Laurenz |
Josef K.
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Jochen Schmeckenbecher |
Der Aufseher / Der Geistliche / Der Fabrikant / Ein Passant
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Matthäus Schmidlechner |
Der Student / Der Direktor-Stellvertreter
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Jörg Schneider |
Titorelli
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Lars Woldt |
Der Untersuchungsrichter / Der Prügler
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Johannes Kammler |
Willem / Der Gerichtsdiener / Der Advokat
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Tilmann Rönnebeck |
Franz / Kanzleidirektor / Albert K.
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Ilse Eerens |
Fräulein Bürstner / Die Frau des Gerichtsdieners / Leni / Ein buckliges Mädchen
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Anke Vondung |
Frau Grubach
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Heinz Karl Gruber |
Dirigent
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Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien

"Der Prozess" in Salzburg
Ein Bankangestellter erhält eines Morgens einen Haftbefehl, der ihn – so teilt man ihm mit – nicht daran hindern soll, seinem alltäglichen Leben nachzugehen. Nie erfährt er, welcher Schuld das "Gericht" ihn anklagt. Obwohl er nur mit dessen untersten Instanzen in Berührung kommt, beherrscht der Prozess, der gegen ihn geführt wird, seine Existenz in immer bedrohlicherer Weise. Er sucht Hilfe bei Personen, die nichts ausrichten können oder, schlimmer noch, selbst in jene ungreifbare, machtvolle Organisation verstrickt sind.
Als Gottfried von Einem 1949 mit der Arbeit an seiner zweiten Oper, basierend auf Kafkas "Der Prozess", begann, war durch die jüngste Geschichte – und akut durch die McCarthy-Ära – die irreale Situation der Hauptfigur Josef K. für viele ein erschreckendes Stück näher in die Erfahrungswirklichkeit gerückt. Doch nicht nur dies machte die literarische Vorlage in Einems Augen für eine Oper interessant: Die realistisch geschilderte Alltagswelt wird in Kafkas Roman kontinuierlich von einer metaphysischen, die Ereignisse gleichwohl bestimmenden Schicht durchdrungen. Diese zweite Schicht konnte in einer Oper jenseits der gesungenen Worte durch die Musik unmittelbar spürbar gemacht werden.
Die neun Szenen schildern die Begegnungen und Konfrontationen des Josef K. mit verschiedenen Figuren und bilden auch in musikalischer Hinsicht geschlossene Formeinheiten, deren jeweiliger Charakter vor allem durch den Rhythmus geprägt wird.
Einem betonte, er habe im "Prozess" versucht, sich "kompositorisch nur der einfachsten musikalischen Sprachmittel zu bedienen". In dieser konsequenten, doch niemals monotonen Einfachheit liegt die Radikalität und in der musikalischen Evokation der unheimlichen Doppelbödigkeit Kafkas die Faszination dieses Werks. Wie bereits Einems überaus erfolgreiche Erstlingsoper "Dantons Tod" (1947) wurde auch "Der Prozess" bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt: am 17. August 1953.
Christian Arseni